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Große Kunst und feines Handwerk: Die 42. Art & Antique in der Salzburger Residenz hält an ihrem Niveau fest
rünnhilde und Hunding gratulieren den Salzburger Osterfestspielen zum fünfzigsten Geburtstag, auch Siegfried durfte mitkommen, obwohl er eigentlich gar nicht zum Personal von Richard Wagners „Walküre“ gehört. Als Hommage an Festspielgründer Herbert von Karajan steht diesmal eine Neuinszenierung seiner 1967 gegebenen Vision dieser Oper auf dem Programm. Alfred Hrdlickas drei wilde bronzene Nibelungen-Gestalten von 2001 greifen das Thema auf: am Stand von Ernst Hilger auf der Art & Antique, jener Salzburger Messe für Kunst und Antiquitäten, die die Osterfestspiele fast von Beginn an begleitet. Rund vierzig Händler aus Österreich, Deutschland und der Schweiz haben die herrlichen Prunkräume der ehemals fürstbischöflichen Residenz mit einer aparten Mischung aus antiker bis zeitgenössischer Kunst bezogen, aus verfeinerter Salonkultur und Volkskunst plus Kuriositäten und einem Schuss Design. In genau dieser Mixtur liegen Anziehungskraft und Stärke der Schau.
Einen Hauptakzent setzt sie, wenig verwunderlich, bei Kunst aus Österreich und das keineswegs nur bei der in Kunsthandwerk und Bild allgegenwärtigen Wiener Sezession. So beweist 1830 schon der achtzehnjährige Rudolf von Alt sein Talent für aquarellierte Veduten mit einem reizenden Blick auf Salzburg von jenseits der Salzach (65 000 Euro). Bei Kovacek hängt das Bild vis-à-vis dem selbstverliebten „Narziss am Brunnen“ vom Südtiroler Barockmaler Johann Georg Platzer (55 000 Euro). Umgeben von Malerei des 19. Jahrhunderts, besticht Alt bei Giese & Schweiger mit einer 1835 festgehaltenen Ansicht großer Segler in der Bucht von Neapel (68 000 Euro). Und Kunsthandel Freller übernahm ein Architektur-Blatt des Künstlers mit einer über drei Generationen gewachsenen, bislang nie gezeigten Privatsammlung: Vor allem deren leuchtend farbig erhaltene Aquarelle sollte man nicht versäumen. Bei Freller hängt auch die größte Bildauswahl des Tiroler-Bergwelt-Malers Alfons Walde, sein „Spätwinter“ mit Frauen in Kitzbüheler Tracht kostet 580 000 Euro.
Verkaufsschlager der böhmischen Amphora-Werke
Bereits zum Sommerfestspieltermin erprobte eine Gruppe von sechs Händlern die Kooperation „Art Salzburg“ mit kuratierter Ausstellung. Nun füllen Beck& Eggeling, Thomas Salis, die Galerie Ruberl, Wienerroither & Kohlbacher und die Galerie Konzett den weiten Weißen Saal mit bester Qualität von Karel Appel bis Franz West. Dazu sorgt Johann Faber mit Abzügen von Davis Bailey bis Edward Weston als Einziger für klassische Fotografie auf dieser Veranstaltung.
Das Tier der Saison hoppelt durch Schmuckvitrinen bei Ulf Englich: kleine Hasen aus Gold oder orangefarbenem Mandarin-Granat, dazu eine natürliche Perle in Zufallsgestalt eines Meister Lampe, gebettet in einer Wiese aus grünem Granat (3500 Euro). Monster hingegen umschlängeln Vasen aus Elfenbeinporzellan, um 1900 ein Verkaufsschlager der böhmischen Amphora-Werke und heute nicht nur in Amerika gesuchte Sammlerstücke; sie bietet Nikolaus Kohlhammer zu Preisen um 5000 Euro an. Ein großer alter Schlitten in Hirschgestalt bereichert das Bestiarium, er steht bei Schauer aus Krems zwischen rustikalen Bauernmöbeln (35 000 Euro). Kunstvollem Mobiliar gehört Christian Eduard Frankes Koje: Über ein Paar italienische, üppig beschnitzte und original vergoldete Barock-Konsolen (56 000 Euro) plaziert er das um 1700 gemalte Bildnis einer Contessa Arconati und kombiniert Silber, französische Lackschachteln (ehemals für Perücken), Kandelaber und Skulpturen zu eleganten Arrangements.
Eine Fundgrube anderen Stils öffnet Runge, der als Generalist nicht die Strecke von Lutherbibel über Sideboard der Sechziger bis zur lustigen Federzeichnung „Aus Absurdistan“ von Paul Flora (2200 Euro) scheut. Nebenan bei Riedl aus München teilt sich einer der wenigen Altmeister die Wände mit Spitzweg, Corinth und Kirchner: Dem Spanier Pedro Bello ist die mystische „Messe des heiligen Gregor“ in einer spätgotischen Kapelle zugeschrieben (68 000 Euro). Dieser Tage erst eröffnete Philippe David in Zürich seine Galerie und schon bestreitet er seine erste Messe, im Gepäck Mackes schönes Blatt „Picknick am Thuner See“ von 1913 (460 000 Euro). Plektron Fine Arts, ein weiterer Newcomer aus Zürich, bietet Antiken an – wie ein Amarna-Talatat, einen Steinblock mit dem Namen Echnatons (130 000 Euro), selbstverständlich mit den für solche Stücke unabdingbaren Papieren.